Wer erinnert sich nicht mit einem kleinen Schmunzeln daran, wie er vor Jahren seinen Lehrern einen Streich gespielt und die ganze Klasse darüber gelacht hat? Aus Späßen wie Kreide verstecken, quietschende Kissen auf dem Stuhl platzieren oder neuen Lehrkräften mit dem falschen Namen antworten sind inzwischen jedoch dank neuster Technologien derbe und teilweise sogar rufschädigende Witze geworden. Eins ist klar: Cybermobbing macht auch vor Lehrerinnen und Lehrern keinen Halt. Vom Klassenzimmer und dem Schulhof geht es heutzutage hinaus in die weite virtuelle Welt – mit schlimmen Folgen. Gebrochener Stolz, Demütigungen und sinkendes Selbstvertrauen verfolgen viele Pädagogen ein Leben lang.

Raum für Rache

Häufig ist es einfach eine schlechte Note, eine als ungerechtfertigt empfundene Zurechtweisung, das Gefühl, sich vor anderen profilieren zu müssen oder Revanche für eine negative Bewertung, die bei einem Schüler oder einer Schülerin das Gefühl auslösen, sich für das vermeintliche Unrecht rächen zu wollen. Schnell wird das Handy gezückt und z. B. dem Lehrer die Hose heruntergezogen (so geschehen vor einigen Jahren an einer schottischen Schule). Oder aber das Gesicht der Lehrerin wird mittels Photoshop auf dem Körper einer Pornodarstellerin oder unter eine Guillotine montiert. Die entstellenden Filmchen und Fotos landen nach nur wenigen Minuten bei YouTube oder werden in verschiedenen Foren verbreitet. Viele Mädchen und Jungen nutzen die Kontaktdaten ihrer Lehrer schamlos aus und melden sie bei Singlebörsen an oder bestellen auf ihrem Namen teure Gegenstände.

Die Hände gebunden

Pädagogen und Schulleiter sind gegenüber solchen herabwürdigen Handlungen fast schon machtlos. Viele Lehrerinnen und Lehrer wissen zunächst gar nicht, dass ihre Daten oder ihre Bilder im Internet zu finden sind. Die Reichweite der virtuellen Welt ist nicht mehr überschaubar, nicht jeder Lehrer hat außerdem einen Überblick darüber, welche Seiten bei Kindern und Jugendlichen gerade besonders angesagt sind. Schulleiter dagegen können oder wollen oft nicht gegen Cybermobbing angehen. In Zeiten, in denen immer mehr Schulen aus wirtschaftlichen Gründen schließen müssen, ist der Konkurrenzdruck groß. Niemand möchte eine Schule leiten, an der Lehrer mit einem schlechten Ruf – sei er noch so unbegründet ? unterrichten. Lieber schweigen sie die Vorfälle tot, statt an die Öffentlichkeit zu gehen. Je mehr Personen von den Videos, Gerüchten oder Bildern wissen, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch immer mehr Eltern davon erfahren und ihre Kinder an einer anderen Lehreinrichtung anmelden.

Kaum eine Chance

Das Lehrerbewertungsportal spickmich.de, auf dem seit 2007 Schüler anhand bestimmter Kriterien ihrer Lehrer bewerten können, hat gezeigt, dass Pädagogen nur wenig Spielraum zum Handeln haben. Die 28. Kammer Kölner Landgericht wies zum Beispiel 2007 eine Klage eine Lehrerin ab, mit der Begründung, dass nur Werturteile und keine Tatsachenbehauptungen ausgedrückt würden. Solange also alles im Rahmen des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte bleibt und keine Schmähkritik geäußert wird, haben Lehrer wohl kaum eine Chance gegen das Portal vorzugehen. Da hilft oft nur der Schritt nach vorne. Dass Seiten wie isharegossip.com, auf denen ganz öffentlich und ohne Rücksicht Gerüchte in die Welt gesetzt wurden, von der Regierung auf den Index gesetzt werden, geschieht nämlich nur äußerst selten. Sollten die Täter bekannt sein, ist ein Gespräch mit diesen, den Eltern und dem Schulleiter unvermeidlich. Vorbeugung (mehr dazu hier) sowie seine Rechte im Bereich Cybermobbing zu kennen (hier sei auf folgenden Beitrag verwiesen) können ebenfalls nicht schaden.

Grenze zwischen Privat- und Berufsleben

Wer seinen Schülern auch in der virtuellen Welt begegnen möchte, der sollte ein paar Regeln beachten. Schüler nutzen inzwischen z. B. das soziale Netzwerk Facebook, um sich schriftlich mit ihren privaten Sorgen an den Lehrer zu wenden. Pädagogen wiederrum posten die Änderungen des Stundenplans oder erinnern an anstehende Termine. Auf keinen Fall sollten Lehrer ihren Schülern von sich aus eine Freundschaftsanfrage schicken – diese fühlen sich unter Druck gesetzt diese auch anzunehmen, damit ihnen bei einer Ablehnung keine negativen Folgen wie schlechte Benotung drohen. Lehrkräfte sollten zudem ihre „befreundeten“ Schüler in eine eigene Liste einordnen und dieser nur bestimmte Rechte zusprechen. Es lohnt sich auch der Gedanke, ob nicht eine spezielle Gruppe für die Klasse aufgemacht werden soll. Die einzelnen Gruppenmitglieder müssen dann nicht miteinander befreundet sein und können trotzdem die Tipps zu den Hausaufgaben einsehen und kommentieren. Experten raten, dass die Beziehung übers Internet nie allzu privat werden dürfe, die Freundschaft bestehe im wahren Leben ja meist auch nicht. Eine Schule in Hamm hat deshalb sogar ihren Lehrkräften vorgeschrieben, einen privaten sowie einen beruflichen Account anzulegen. Vielleicht auch eine Idee für Euch? Aber auch umgekehrt sollte Abstand gewahrt werden: Die Fotos und Kommentare, die von Lehrer eingesehen werden können, sollten niemals Einfluss auf die Notengebung oder die Beurteilung haben. Das Vertrauen sollte keinesfalls ausgenutzt und die Lebensweisen der Mädchen und Jungen abfällig kommentiert werden, wie dies ein paar britische Lehrer im letzten Jahr getan haben. Ein offener aber dennoch nicht allzu vertrauter Umgang zwischen Lehrern und Schülern kann Cybermobbing vorbeugen.